Eine Fabriketage mit vielen Grünpflanzen, einer Sitzecke aus Palettenmöbeln und einer offenen Küche. Die Siebträgermaschine zischt, der Bürohund wuselt herum, Umgangssprache ist Englisch. Iris Braun, Gründerin von share, hat genau 25 Minuten Zeit, dann muss sie weiter zum Meeting.

Hallo Iris, hast du dir heute schon die Haare gewaschen und wenn ja, wie?
Ja, und tatsächlich mit festem Shampoo. Das mache ich jetzt seit zwei Jahren so. Anfangs wollte ich feste Haarpflege einfach mal ausprobieren, der Nachhaltigkeit wegen. Mittlerweile finde ich es sogar bequemer. Man hat nicht so viele Flaschen herumstehen und produziert keinen Müll. Bei mir im Bad hängt das feste Shampoo an einem Seifenmagneten an der Wand. Das sieht auch richtig schick aus.
Feste Kosmetik fürs Duschen und Haare waschen liegt im Trend. Was ist der Vorteil gegenüber flüssigen Produkten?
Feste Kosmetik spart Ressourcen und verkleinert den Plastikberg. Das feste Shampoo von share ist so ergiebig wie zwei Flaschen gewöhnliches Shampoo, das spart Gewicht beim Transport in die Läden. Die Verpackung ist zu 100 Prozent aus recyceltem Karton. Zudem haben die share-Pflegeprodukte Naturkosmetik-Qualität, sind also frei von Palmöl, Mikroplastik und Silikonen – und ohne tierische Stoffe hergestellt.
Was ist der Unterschied zwischen festem Shampoo und einer Haarseife? Was Inhaltsstoffe und Herstellungstechnik anbelangt, funktioniert festes Shampoo ganz ähnlich wie flüssiges. Es schäumt also genauso, enthält jedoch 80 Prozent weniger Wasser. Im Gegensatz dazu wird eine Haarseife durch die Verseifung von pflanzlichen und tierischen Produkten mit Lauge hergestellt und hat daher einen höheren pH-Wert. Deswegen sollte man bei der Verwendung von Haarseifen regelmäßig mit einer sauren Spülung, also einer Mischung aus Essig und Wasser, nachwaschen. Eine Haarseife ist also etwas aufwändiger in der Anwendung als festes Shampoo.
Was ist mit Problemhaar oder -haut? Können feste Produkte da wirklich das gleiche Ergebnis liefern wie Spezial-Kosmetika?
Alle unsere Produkte sind sehr sanft, und wir haben verschiedene Angebote für die unterschiedlichen Haar- und Hauttypen, etwa für brüchige Haare oder trockene Haut. Und dann können sich Kundinnen und Kunden natürlich zwischen verschiedenen Duftnoten entscheiden.
Gut für die Umwelt – und fürs Karma
Kosmetik von share ist aber nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch fürs Karma. Inwiefern?
Ja, mit jedem Kauf eines share Produkts unterstützen Konsumentinnen und Konsumenten ein soziales Projekt bei einer Hilfsorganisation. Der Kauf eines festen Shampoos von share unterstützt Menschen in Bangladesh – im größten Flüchtlingslager der Welt. Hier werden flächendeckend Hygienepakete an Familien verteilt und Hygieneschulungen durchgeführt, die aktiv auf das Thema Coronaprävention abzielen, um die Menschen zu schützen. Auch liegt ein Fokus auf Unterstützung und Fortbildung zum Thema Familienplanung.
Wir sind der festen Überzeugung, dass die große Ungleichheit, die auf der Welt herrscht, nicht nötig ist. Wir haben von allem genug, wir müssen es nur anderes verteilen. Was man sich selber sowieso im Alltag kauft, teilt man mit jemanden, der es zum Leben braucht. Das ist die Grundidee von share.
Die Produkte sind nicht wesentlich teuer als die der Konkurrenz – wie finanziert ihr die Hilfeleistung bzw. die Projekte?
Es kann unglaublich günstig sein, Menschen zu helfen. Es wird ja auch nicht genau das gleiche Produkt weitergegeben, das wir hier in Deutschland verkaufen, sondern zum Beispiel eine lokal hergestellte Seife. Zudem verzichten wir nahezu komplett auf Marketing und Werbung. Der Etat dafür fließt dafür in die Spenden.
„Wir sind dankbar für Partner wie ALDI SÜD“
Aber irgendwie müsst ihr euer Anliegen und eure Produkte doch bekannt machen?
Ja, wir müssen die Menschen irgendwie erreichen – und da sind wir extrem dankbar für Partner wie ALDI SÜD, die uns helfen, gesehen zu werden und unsere Idee zu verbreiten. Ohne den Handel geht es nicht, ebenso wenig ohne die Hilfsorganisationen und NGOs, mit denen wir zusammenarbeiten und die sicherstellen, dass die Spende da ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird.
share verbindet zwei Ansätze, die eigentlich bisher unvereinbar schienen: Business und soziales Engagement. Wie kam es zu dieser Geschäftsidee?
Ich denke, wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass Unternehmertum allein auf Profit und Gewinnmaximierung ausgerichtet ist. Das greift zu kurz. Wir als soziales Unternehmen wollen alle in den Blick nehmen, also auch die Kund:innen und die Gesellschaft, die Zulieferer, die Produzent:innen. Denn wir glauben, dass man nur noch so erfolgreich wirtschaften kann. Mit diesem Gedanken sind wir übrigens nicht alleine. Auf der ganzen Welt beschäftigen sich Startups mit Nachhaltigkeit.
„Geschäftsideen zu kreieren, das macht mir einfach Spaß“
Du hast mit Ende 20 share gegründet, zusammen mit Sebastian Stricker, Ben Unterkofler und Tobias Reiner. Hast du so etwas wie ein Unternehmer-Gen?
Mich haben schon immer zwei Dinge interessiert. Einmal: Wie es kann es sein, dass es Länder gibt wie Deutschland, wo vieles gut funktioniert und auf der anderen Seite der Welt immer noch Menschen an Krankheiten sterben, die vermeidbar sind, weil ihnen zum Beispiel ein Stück Seife fehlt, um sich vor Infektionen zu schützen? Und ja, die zweite Sache ist das Unternehmertum. Etwas Neues anzustoßen, Geschäftsideen zu kreieren, das macht mir einfach Spaß. Ich habe schon während der Schulzeit an Startup-Wettbewerben teilgenommen. Bei share kann ich beide Aspekte verbinden.
In der Gründerszene in Deutschland finden sich nur wenig Frauen. Hattest du als Startup- Unternehmerin mit Vorurteilen zu kämpfen? War es schwer, sich in einem männlich geprägten Umfeld durchzusetzen?
Also Sebastian, Ben, Tobias und ich arbeiten komplett gleichberechtigt. Aber ich merke schon, dass ich manche Sachen anders mache. Und ja, wenn es darum geht, Fördermittel einzuholen, ist die Startup-Welt eine männliche. Nur 15 Prozent aller Gründenden sind weiblich. Von Frauen geführte Startups haben zudem eine geringere Chance, an ausreichend Startkapital zu kommen. Nur fünf Prozent gelingt es, über eine Million Euro Finanzierung für ihre Geschäftsidee einzusammeln. Bei männlichen Teams sind es 28 Prozent.
„Wir brauchen in der Startup-Szene einen grundlegenden Kulturwandel“
Das ist eine große Lücke. Was muss sich ändern?
Ich glaube fest daran, dass Parität nicht nur möglich, sondern auch erwünscht ist. Frauen sind nicht weniger ambitioniert oder fähig. Sie treten einfach anders nach außen auf und verkaufen sich anders – das merke ich auch an mir selber. Auch ich denke mir oft, jetzt hätte ich aber doch noch mutiger auftreten müssen, hemdsärmeliger. Wir sind einfach in diesen Bereichen noch zu sehr an männliche Verhaltensweisen gewöhnt. Wir brauchen in der Startup-Szene einen grundlegenden Kulturwandel. Das erfordert wiederum Vorbilder, Figuren, die mit gutem Beispiel vorangehen. So wie damals Steffi Graf beim Tennis, deren Erfolg und Präsenz ja auch den Tennissport für Frauen attraktiv gemacht hat.
Siehst du dich selber als Vorbild?
Ich persönlich mag es eigentlich gar nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Und ich sage vielleicht öfter als ein Mann, was ich schwierig finde und wo ich Zweifel habe. Aber das ist wohl genau der weibliche Weg, der sichtbarer werden muss. Also ja! Ich wäre gerne ein Vorbild und versuche eines zu sein.
Ihr seid 2018 gestartet und habt eine unglaubliche Entwicklung hingelegt, hattet allein schon im ersten Jahr einen Umsatz von 10 Millionen Euro. Wie sieht es mit dem sozialen Mehrwert aus?
Wir haben seit unsere Gründung 80 Millionen shares erreicht, das heißt, jede Sekunde teilt jemand eine Hilfeleistung bereits 1 Million Menschen mit 21 Millionen Mahlzeiten und 12 Millionen Hygieneleitungen unterstützt. Und es werden täglich mehr. Aktuell spendet jede Sekunde jemand mit share.
Seit letztem Jahr gibt es die Produkte von share auch in den Regalen von ALDI SÜD. Wie kam es zur Kooperation?
ALDI SÜD hat uns schon sehr früh kontaktiert. Da sitzen sehr engagierte Menschen, die nach nachhaltigen Produkten suchen. Damals wussten wir ehrlich gesagt nicht, wie wir mit der Anfrage umgehen sollten, ob wir das auch von unseren Kapazitäten schaffen. Wir mussten erst eine bestimmte Größe erreichen, um unsere Produkte zu einem Preis anbieten zu können, der auch für so einen Player wie ALDI SÜD interessant ist.
Mit der Kooperation mit ALDI SÜD erobert ihr endgültig den Massenmarkt. Was bedeutet das für share?
Der Massenmarkt war immer das Ziel für uns. Um möglichste viele Shares zu erreichen, müssen wir dahin, wo die Menschen einkaufen gehen. Mit ALDI SÜD haben wir da einen hervorragenden Partner. Aber es bedeutet für uns als Unternehmen natürlich auch, dass wir uns in der Kommunikation und im Auftreten darauf einstellen müssen. Unsere Produkte befinden sich jetzt im Wettbewerb mit vielen anderen und müssen in einer Millisekunde herausstechen und überzeugen.
Iris Braun (Jahrgang 1988) ist eine der GründerInnen von share und dort für die internationalen Beziehungen verantwortlich. Sie begann ihre Karriere bei der Boston Consulting Group, wo sie für Konsumgüterunternehmen sowie für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen an Strategiethemen arbeitete. Danach war sie als Forscherin in verschiedenen Entwicklungsprojekten tätig.

Über share
share ist die führende Social Impact Marke mit Produkten in den Bereichen Lebensmittel, Getränke, Hygiene, Schreibwaren und einer Brillenkollektion. Jedes der über 100 Produkte unterstützt direkt ein verwandtes soziales Projekt. Ein QR-Code auf der Packung verrät, wohin die Spende geht. share will sozialen Konsum im Massenmarkt etablieren und es somit Menschen ermöglichen ohne Mehraufwand beim Einkauf Gutes zu tun.
Bisher konnte share u.a. bereits über 21 Millionen Mahlzeiten, 12 Millionen Hygienemaßnahmen, 35 Millionen Tage sauberes Trinkwasser und 1,7 Million Schulstunden finanzieren. Im Durchschnitt spendet jede Sekunde jemand mit share.
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