Das Herz von ALDI SÜD schlägt in seinen 1860 Filialen. Hier brummt das Kerngeschäft, und hier arbeiten rund zwei Drittel der rund 38.300 Kollegen in Deutschland. Deshalb ist für alle neuen Mitarbeiter, die in anderen Unternehmensbereichen beginnen, standardmäßig ein Schnupperkurs im Verkauf vorgesehen. So lief meiner.
Draußen ist es noch stockdunkel, als ich an einem Montagmorgen in Grevenbroich ankomme. Drinnen ist alles hell erleuchtet, und die Kollegen eilen bereits mit dem elektrischen Hubwagen („E-Hund“) durch die leeren Gänge. Sie schieben hochgestapelte Paletten in Nischen und heben Kisten mit frischem Obst und Gemüse in die Regale. Hier bin ich richtig. Wenig später stehe ich komplett eingekleidet vor dem Spiegel des Personalraums. Blaues Hemd mit Namensschild, Sicherheitsschuhe, am Gürtel eine Tasche mit nützlichen Dingen wie einem Filzmaler, einem Messer zum Folienschneiden und Handschuhe. Für die werde ich noch sehr dankbar sein, denn jetzt folgt meine erste Lektion: „Pappe ziehen“.
Mein Kollege Metin Ergün erklärt mir, worauf es ankommt. „In unserem Sortiment haben wir viele Schnelldreher“, sagt er. „Das sind Artikel, die schnell wieder verkauft werden und nicht lange im Regal liegen.“ Damit die Kunden nicht vor leeren Kartons stehen, müssen diese also immer wieder schön aufgefüllt oder durch volle ersetzt werden. Überflüssige Pappe kommt weg. Klingt einfach, also knöpfe ich mir die Kühlwaren vor. Halbvolle Joghurt-Träger, angebrochene Milchkartons, leere Butterschachteln – alles was ausgedient hat, packe ich in den Rollwagen hinter mir. Mir fällt auf, dass die Kollegen bei allem, was sie machen, ganz schön auf Zack sind. Ich lege einen Zahn zu. Als ich am Ende des Regals ankomme, trete ich zurück, um mir einen Überblick zu verschaffen. Gar nicht schlecht. Aber vorne, bei der Milch sehe ich schon wieder Lücken. Puh!
Keine Langeweile
Langweilig wird es also schon mal nicht. Dafür warten auch viel zu viele Aufgaben. Im Laufe der Woche fülle ich den Backautomaten auf, leere den Pfandautomaten, bereite im Filiallager mit einer Kollegin die Tische mit den Aktionswaren vor und sorge für Nachschub in den Regalen. Nebenbei beantworte ich Kundenfragen, und wenn es passt, schaue ich den Kollegen über die Schulter, wie sie Waren vom Lieferanten annehmen und die Bestellungen für den nächsten Tag aufgeben. Zwischendurch Pappe ziehen. Am letzten Tag wartet dann die Königsdisziplin: Ich darf an die Kasse.
Als ich Platz nehme, fühle ich mich wie in der ersten Fahrstunde. So viele Dinge, die alle gleichzeitig bedient und beachtet werden wollen. Der Kollege bleibt in der Nähe, die wartenden Kunden schauen hoffnungsvoll. Los geht’s. Das Band schiebt fleißig Waren nach, und ich versuche, sie aus der linken Hand über den Scanner in die rechte gleiten zu lassen. Nebenher begrüße ich Kunden, tippe Zahlen für die Artikel ohne Scan-Code in die Tasten, bereite EC-Zahlungen vor oder berechne bei Barzahlungen das Wechselgeld. Das alles geschieht in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit – finde ich. Doch als ich aufblicke, steht da eine Schlange. Der Kollege tippt mir auf die Schulter. „Schon ganz gut“, sagt er. „Aber jetzt lass mich mal wieder.“
Meine Einarbeitung geht rasant weiter. Einen Tag bin ich mit Sebastian Meyer unterwegs, einem Regionalverkaufsleiter. Das sind in der Regel Absolventen eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums, die nach einem einjährigen Training on the Job Führungsverantwortung für etwa sechs ALDI SÜD Filialen mit mindestens 50 Mitarbeitern übernehmen. Sie führen Bewerbungsgespräche, stellen ihre Mitarbeiter selbst ein und steuern die Abläufe in ihren Filialen. „Der Job ist anspruchsvoll und vielseitig“, sagt Sebastian Meyer als wir auf dem Sprung zur nächsten Filiale sind. „Jeder Tag bringt was Neues.“ Das Coaching seiner Mitarbeiter ist ihm besonders wichtig, eine „sehr erfüllende Aufgabe.“
In der Verwaltung der Dormagener Regionalgesellschaft lerne ich alle Geschäftsbereiche kennen – von der Buchhaltung und der HR Abteilung über das Team des Einkaufs bis hin zu den Sekretariaten von Verkauf und Filialentwicklung. Am Ende darf ich dann selbst einmal ans Steuer. Egon Müller, Bereichsleiter Logistik, empfängt mich im Zentrallager. Die Hallen sind riesig und die Wege weit, also steigen wir auf kleine Elektro-Scooter. Der Ritt geht durch Canyons aus Toilettenpapier, Obst und Gemüse vorbei an einer Mauer aus gestapelten Mineralwasser-Paletten. Hier werden also die Bestellungen von 64 Filialen abholbereit zusammengestellt. „Geht alles heute noch raus!“, ruft Egon Müller mir zu. Tatsächlich fährt vieles von dem, was hier in kaum fassbaren Mengen angeliefert wird, kurz darauf wieder im Lkw in Richtung Filiale. Spätestens morgen früh, wenn es draußen noch stockdunkel ist, werden es die Kollegen dort in die Regale räumen.
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